Briefe
Ich schreibe, und beim Lesen meiner Worte erkennst du immer mal wieder etwas Kleines über dich selbst. So glaube ich, ist das mit dem Schreiben und dem Lesen.
Das erstes Buch, das ich gelesen habe, war Ronja Räubertochter- ich war 4. In den Sommerferien hat meine Mutter Bücher aus der Bibliothek ausgeliehen, in Wäschekörben. Ich habe nachts unter der Bettdecke mit einer Taschenlampe gelesen, bis mir die Augen zufielen.
Ich habe in der Schule geschrieben, über Isolation und Freundschaft, durch meine Teenage-Jahre, über gebrochene Herzen und Sehnsüchte. Im Studium, als ich in Portugal gelebt habe und später in Neuseeland, wo ich über einige Umwege meinen Mann kennenlernen sollte. Als in meinem Kopf ein kleiner Tumor gefunden wurde. Immer, um mich, und die Welt um mich herum besser zu verstehen.
Es kam eine Zeit, in der ich nicht geschrieben habe, und kaum gelesen.
Die Arbeit nahm einen immer größeren Raum in meinem Leben ein. Es gab Monate, in denen ich mehr Nächte im Krankenhaus verbracht habe, als zu Hause. Das war alles erfüllend, aber auch einnehmend. Ich habe diffuse und konkrete Erinnerungen: Patienten, Verläufe, Entscheidungen, die ich getroffen und später in Frage gestellt habe. Wie der Kaffee nach dem Nachtdienst schmeckte.
Ich weiß, dass ich irgendwann das Gefühl hatte, beruflich über Wasser zu kommen. Ich hatte ein paar Jahre Erfahrung, und fühlte mich sicherer. Wir sind viel gereist, und das war schön.
Dann kam die Pandemie, und nichts war mehr sicher.
Meine Fehlgeburt. Arbeiten auf der Covid-Intensivstation, unser kleines Team. Nebenher, eine Geschichte für eine andere Erzählung, in der wir unser Erspartes auf einen Traum in Form eines auszubauenden VW ausgegeben haben, und in einen Betrugsfall verwickelt wurden. Die Kinderwunschbehandlungszeit, eine schwierige Schwangerschaft, noch ein Umzug wenige Tage nach der Geburt, ein erstes Babyjahr ohne Schlaf und mit wenig Besuch. Was sich jetzt so linear anhört, war es nicht.
Ich weiß nicht genau, wann ich den Stift wieder in die Hand genommen habe. Nur dass ich glaube, dass schreiben so nah an zaubern ist, wie man kommen kann.
Im Schreiben können die Brüche im Leben und das Schöne gleichzeitig in einer Hand gehalten werden. Ich glaube, dass kreativer Ausdruck, in welcher Form auch immer, für jeden von uns ist. Dies ist meine Einladung, mitzulesen, und dich mit dir selbst- und mit mir, und der Welt um dich herum- zu verbinden, aus dem heraus was für dich wahr und echt ist.
- Johanna
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