◦ Vorgezogenes Heimweh

Vorgezogenes Heimweh

Das Zuhause fotographieren, auch die Rutsche und

die Gummistiefel und die Decke auf der Liege von der es sich

so schön in die Bäume gucken lässt.

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Sophie Davies
◦ Über das Schreiben und das Leben

Über das Schreiben und das Leben

Das erstes Buch, das ich gelesen habe, war Ronja Räubertochter- ich war 4. In den Sommerferien hat meine Mutter Bücher aus der Bibliothek ausgeliehen, in Wäschekörben. Ich habe nachts unter der Bettdecke mit einer Taschenlampe gelesen, bis mir die Augen zufielen.

Ich habe in der Schule geschrieben, über Isolation und Freundschaft, durch meine Teenage-Jahre, über gebrochene Herzen und Sehnsüchte. Im Studium, als ich in Portugal gelebt habe und später in Neuseeland, wo ich über einige Umwege meinen Mann kennenlernen sollte. Als in meinem Kopf ein kleiner Tumor gefunden wurde. Immer, um mich, und die Welt um mich herum besser zu verstehen.

Es kam eine Zeit, in der ich nicht geschrieben habe, und kaum gelesen. Die Arbeit nahm einen immer größeren Raum in meinem Leben ein. Es gab Monate, in denen ich mehr Nächte im Krankenhaus verbracht habe, als zu Hause. Das war alles erfüllend, aber auch einnehmend. Ich habe diffuse und konkrete Erinnerungen: Patienten, Verläufe, Entscheidungen, die ich getroffen und später in Frage gestellt habe. Wie der Kaffee nach dem Nachtdienst schmeckte, und wie immer jemand an der Milch gerochen hat um zu gucken ob sie noch gut ist.

Ich weiß, dass ich irgendwann das Gefühl hatte, beruflich über Wasser zu kommen. Ich hatte ein paar Jahre Erfahrung, und fühlte mich sicherer. Wir sind viel gereist, und das war schön. Dann kam die Pandemie, und nichts war mehr sicher. Meine Fehlgeburt. Arbeiten auf der Covid-Intensivstation, unser kleines Team. Nebenher, eine Geschichte für eine andere Erzählung, in der wir unser Erspartes auf einen Traum in Form eines auszubauenden VW ausgegeben haben, und in einen Betrugsfall verwickelt wurden. Die Kinderwunschbehandlungszeit, eine schwierige Schwangerschaft, ein Umzug wenige Tage nach der Geburt, ein erstes Babyjahr ohne Schlaf und mit wenig Besuch. Was sich jetzt so linear anhört, war es nicht.

Irgendwann habe ich mich erinnert, dass ich gerne schreibe, und das war ziemlich gut. Gedanken und Notizen aus meiner Arbeit und kreativen Praxis, teile ich in monatlichen Briefen. Hier findest du den Brief aus dem Monat Juni und unten kannst du dich direkt anmelden:

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Sophie Davies
◦ Heute saßen wir draußen

Heute saßen wir draußen auf der verblichenen grünen
Gartenbank und guckten in den Himmel
und in den Garten. Was ist das? fragte mein Kind

fasziniert von den Flugkünsten einer Schwalbe, wo fliegen
die Schwalben hin?
Ich dachte, das ist eine

gute Frage während mein Kind im selben Atemzug
aufsprang um zwei Schmetterlingen nachzujagen und mir zurief:

Ich tanze mit den Schmetterlingen!
Komm, tanz mit mir!

So einfach ist das, man darf es nur nicht vergessen.

 

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Sophie Davies
◦ 100 Tage Projekt (22/100)

100 Tage Projekt.

Ich habe ein 100 Tage Projekt angefangen, in dem ich jeden Tag ein Gedicht schreibe. Heute bin ich an Tag 22. Es ist ein interessantes Experiment, und meist findet das Schreiben am Ende des Tages statt, und doch merke ich wie ich den ganzen Tag mit Gedichtefinden beschäftigt bin.

Ich stelle zudem fest, wie das Projekt meinen Tagen einen Rahmen gibt. Manchmal vergesse ich, dass ich noch ein Gedicht schreiben möchte. Gestern dachte ich, ich hätte es vergessen, und dann habe ich heute doch ein Gedicht entdeckt dass sich in meiner Notes-App versteckte:

I have a folder labelled business inspiration
on Pinterest which is now full of poems
instead of marketing advice and all I do is
write and listen listen listen to people´s
hearts and feel their bodies
coming home into themselves.

Viele Gedichte sind nicht „gut“ – oder wie dieses, noch nicht ganz fertig. So oder so: Jeden Tag etwas Minikleines, unperfektes zu erstellen empfinde ich als unendlich beruhigend - und es führt dazu mich mit allen möglichen inneren Stimmen, ich nenne sie “gremlins” auseinandersetzen, die eine Meinung zu meinem Schreiben haben. Hier findest du Inspiration für Projekte die Menschen für 100 Tage verfolgt haben, geschrieben am Ende eines gemeinschaftlichen 100-Tagesprojekts. (in Englisch)

Ein Tagesbericht

Das Gute an der Hitze ist,
dass man die Pinien besser riechen kann.

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(Was könnte eine Idee 100 Tage Projekt für dich sein? Was zieht dich vielleicht an, an einem derartigen Projekt?)

 

Sophie Davies
◦ Poetry out loud

Poetry out loud

Ich fühle mich so (hauptsächlich online) sichtbar, dass es fast schon weh tut. Ich würde mich gerne an meinem Schreibtisch verstecken, und nur für 1:1 Gespräche oder Workshops hervorkommen. Und gleichzeitig fordere ich es heraus, probiere mich aus, experimentiere mit Verwundbarkeit. Ich verteile Sticker zu meiner Website (und recherchiere nachhaltige Alternativen und Materialien) und fühle mich verwegen wenn ich sie aufklebe. Ich erzähle einigermaßen fremden Menschen, von dem was ich tue.

 Letztens habe ich in einem Schreibworkshop drei meiner Gedichte vorgelesen – das ist ein work in progress, weil ich jedes Mal eine Herzfrequenz von 200 erlebe und das ist nicht besonders angenehm. Und dennoch. Ich würde gerne mal an einem Poetry Slam teilnehmen (als ich diesen Gedanken zum ersten Mal laut ausgeschrieben habe, war es noch vorsichtiger formuliert).

 

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(Wann hast du dich zuletzt verwegen gefühlt? Was würdest du gerne mal machen, was ein bisschen Mut braucht? - schreib mir übrigens gerne wenn du magst - ich freue mich immer über Post und Nachrichten von Menschen, die auf meiner Seite landen!)

 

Sophie Davies