◦ Eine lange Minute

Eine lange Minute

In meinen poetischen Schutzraum

Möchte ich dich einladen und da sein

ohne dass ich

da sein

muss

Gibt es heiße Schokolade wenn du brauchst oder

Erdnussbutter im Regen

Kannst du verweilen wenn du

müde bist

Gibt es ein Blätterdach und manchmal

klaren Himmel

und ab und zu stürmt es auch

Noch eine lange Minute bleiben

sagt mein Kind

Ja, sage ich, das machen wir

———

Der Schreibprompt mit dem poetischen Schutzraum kommt von Kathrin, als Einstieg zur heutigen Telko. Gemeinsam Schreiben ist schön.

Sophie Davies
◦ Etwas über das Sterben

Etwas über das Sterben

 

Ich denke häufig an einen Patienten, den ich betreut habe. Er lag im Sterben. Ich habe ihm mein Diensttelefon gegeben, damit er sich von seiner Frau, die ihn nicht besuchen konnte, verabschieden konnte. Ich hatte diese Plastik-Isolationskleidung an, und Handschuhe, und eine Maske. Er hat geweint. Ich bin ins Arztzimmer gegangen, um durchzuatmen. Seine Frau war dement, sie rief am nächsten Tag an, um sich nach ihrem Mann zu erkundigen. Am Tag drauf dachte sie, er sei an Ebola gestorben.

 

Wenn jemand stirbt, fühlt sich das an, wie wenn man eine Kerze auspustet- nur dass das Licht bleibt.

———

Das ist ein Auszug aus einem meiner monatlichen Briefe (Newsletter), in dem es auch um Himbeereis und eine Badewanne geht. Ich habe T diesen Text vorgelesen, er kannte die Geschichte schon, ich glaube ich werde sie noch ein paar Mal erzählen.

(Welche Geschichte begegnet dir zurzeit häufig in Gedanken?)

Sophie Davies
◦ Gegensätze

Gegensätze.

Winter kommt, und es ist gleichzeitig Sommer. Ich fühle mich offen, sanft, verbunden mit den Bäumen, und dem Regen. Ich will Kontrolle, Struktur und Präzision. Ein Medikament geben, etwas klappt, oder etwas klappt nicht, dann finde ich eine neue Lösung. My head is in the clouds. Ich will mehr Zeit mit meinem Kind verbringen. Mein Kind versucht in mich hinein zu kriechen, es ist mir zu viel, ich will meinen Körper für mich. Ich will Ordnung, ich will mit Wolken spielen.

Ich will Wissen, und Zweifeln gleichzeitig.

———

Das Thema Gegensätze begegnet mir in den letzten Wochen häufig in meinen Gesprächen mit Klientinnen. Viele Dinge fühlen sich leichter an, wenn man widersprüchlich scheinende Empfindungen gleichzeitig halten kann. Was mir hilft sind die Worte “Ja, … und…”. Ein kleiner Shift, vom Aber was man ja meist im Kopf hat, zu einem Ja, Und. Also statt: Ich möchte ein Buch schreiben, aber niemand wird es kaufen, man wird mich auslachen, sagt man sich:

Ja, das ist wahr, ich habe Angst, ich bin unsicher, … wie auch immer - Und wenn hier ein kleines bisschen mehr (Leichtigkeit, Geräumigkeit, Ruhe) wäre, wie wäre das dann?

So entsteht ein neuer Raum, und die Möglichkeit für neue Perspektiven- und man versucht nicht irgendetwas wegzuschieben, was sich ja so oder so wieder zu Wort melden wird.

(Welches Aber hast du zuletzt bemerkt? Wie wäre es, wenn da ein Und stünde, und wenn da ein bisschen mehr Geräumigkeit wäre?)

Sophie Davies
◦ Etwas Neumachen

Etwas Neumachen

Mein Kind baut etwas, und macht es mit Freude kaputt, und baut es mit Freude neu. So mache ich das auch, außer mit weniger Freude beim kaputt machen, vielleicht sollte ich das mal üben. Das Neugebaute hat ja auch was vom Alten, und verloren ist am Ende nichts.

Ich habe an meinem Coaching- Konzept gewerkelt. Ich will, dass es greifbarer wird. Eine Schleife, die mich wieder zurück zum Anfang führt, und doch an einen neuen Ort, und auch tiefer nach Innen. Der Text darüber steht noch neben sich. 

Ich will nicht nur mitschwingen, sondern auch mitwirken. Ich löse gern Probleme und weiß, wie hilfreich ein Blick von außen manchmal sein kann. Also bei aller Liebe zur sanften Reflektion bringe ich auch einfach gerne Ordnung, ins Chaos.

Am Ende geht es, glaube ich, beim Neumachen immer auch um Abschiede. (siehe auch Halten und Loslassen, Staubpartikel)

 

aus John O´Donohue´s To Bless the Space Between Us

At any time you can ask yourself: At which threshold am I now standing? At this time in my life, what am I leaving? Where am I about to enter? What is preventing me from crossing my next threshold? What gift would enable me to do it? A threshold is not a simple boundary; it is a frontier that divides two different territories, rhythms and atmospheres. Indeed, it is a lovely testimony to the fullness and integrity of an experience or a stage of life that it intensifies toward the end into a real frontier that cannot be crossed without the heart being passionately engaged and woken up. At this threshold a great complexity of emotions comes alive: confusion, fear, excitement, sadness, hope. This is one of the reasons such vital crossing were always clothed in ritual. It is wise in your own life to be able to recognize and acknowledge the key thresholds; to take your time; to feel all the varieties of presence that accrue there; to listen inward with complete attention until you hear the inner voice calling you forward. The time has come to cross.

 

———

Contemplation or journaling prompt: which threshold are you standing at? what are you leaving, what are you about to enter? what is preventing you from crossing, and what gift would enable you to do it?

Sophie Davies
◦ Holunderblüten

Holunderblüten

Die Holunderblüten riechen
nach Freundschaft und nach einem
Sommer vor
vielen Jahren wo wir Blüten sammelten und
Kaffee tranken und
ziemlich viel Fahrrad gefahren sind.
(wie die Zeit vergeht)

Sophie Davies