◦ Was ich (nicht) verstehe


Was ich (nicht) verstehe

dass die Blüten vom Pfirsichbaum so leuchten
wie das möglich ist
das Aufwachen morgens.
der Kaffee ist heiß, oder vielleicht zu heiß
aber das macht nichts
dass Frühling ist eines Tages und
vielleicht auch jetzt wenn es
neblig ist und der Fuchs schleicht und
es dann auch wieder Nacht wird ohne dass
wir allzu viel darüber nachdenken.



———

aus einem Schreibnachmittag im März. eine kleine zusätzliche Randnotiz, die ich mir machte: es geht nie um Vollständigkeit.





Sophie Davies
◦ Eine Woche im April

Das ist mein monatlicher Brief aus dem April: Eine Frühlingswoche und 5 Dinge, an die ich mich in einem Jahr erinnern will.

Montag

Wir haben ein Erdbeerbeet im Garten, und Wildblumen, die gerade noch grün aus der Erde spießen. Und diese kleinen bunten Blumen aus dem Gartencenter, die für 69ct. Mein Kind gießt als Erstes immer den Löwenzahn. Einen einzelnen, gelben Löwenzahn in der Mitte des Erdbeerbeetes.

Dienstag

Ich sage zu meinem Mann, dass wir im Moment gar keine Zeit mehr miteinander verbringen. Er stimmt zu, und meint, das habe er letztens auch gedacht, als er… Irgendwas hat unsere Unterhaltung unterbrochen, und wir haben sie bis heute nicht fortgeführt.

Mittwoch

Mein Kind kennt den Aus- Knopf von meinem Laptop, und drückt ihn beherzt, sobald er mich damit sieht. Das ist berührend, aber auch frustrierend. Ich lerne, mit Unterbrechungen zu arbeiten. Ich versuche mehr zu schreiben, und habe die Idee, mein schwarzes Buch mitzunehmen wenn wir alle auf dem Spielplatz sind. Ich fange an zu schreiben. Mein Kind fragt: Wo ist Mama? T sagt, da! vor dir sitzt sie doch. Nein, sagt O, da ist sie nicht.

Er hat Recht. Ich bin da, und könnte gleichzeitig nicht weiter weg sein. Ich versuche also entweder zu arbeiten, zu schreiben oder mich um O. zu kümmern, jeweils mit Unterbrechungen.

Donnerstag

Dieses Gedicht hat mich sehr berührt.

Freitag

Ich habe das Gedicht in einem Coaching das ich für mich mache, vorgelesen. Und dann einen Auszug aus meinen Morning Pages, das sind in einem schwarzen Buch roh heruntergeschriebenen Gedanken. Irgendwo hatte ich diesen Satz gelesen: „From now on, I will only speak my truth“. Ich habe mir vorgenommen, wahrhaftig zu sein. Es war eine ganz andere, und ganz besondere und verbundene Stunde. So will ich arbeiten, dachte ich.

Ich könnte dich jetzt am Ende fragen, woran du dich nächstes Jahr erinnern willst, aber das mache ich nicht.
 
Ich stelle mir das so vor: ich schicke diesen Brief wie ein kleines Päckchen Blumensamen, und dann wachsen hier und dort daraus unterschiedliche neue Gedanken und Ideen. Vielleicht ist es der Löwenzahn, der Ausknopf, die Morning Pages, oder das Gedicht. Das muss jetzt einfach nur ein bisschen gegossen werden.
 

"Its late, but everything comes next." ― Naomi Shihab Nye

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Für noch mehr Schönes könntest du hier gucken, da kommt die großartige Idee mit den 5 zu erinnernden Dingen her.

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Sophie Davies
◦ Waldgrüne Stunden

Waldgrüne Stunden

Die Waldgrünen Stunden sind unverbindliche Coachings, die ich immer mal wieder verschenke. Sie fordern nichts. Das ist ungewohnt, denn verkauft wird einem ja ständig irgendwas. Sie sind entstanden aus der ganz ursprünglichen Frage, was will ich geben, was kann ich geben, was kann ich für andere tun, und: Wie will ich meine Zeit verbringen? Ich will Begleitung wie meine zugänglich machen. Ich glaube fest, dass möglich ist, ein Unternehmen mit Großzügigkeit im Kern zu führen (ohne mich dabei auszubeuten, und ohne andere auszubeuten).

Ich mache das nach Gefühl.

Wenn ich jemanden kennen lerne und es irgendwie passt*, ein Thema mich interessiert, wenn ich einfach gerne unterstützen will (zum Beispiel andere Sternenmamas), oder wenn jemand über eine Empfehlung zu mir kommt. Das kann auch eine Form des Kennenlernens sein- also mit dem Wunsch möglicherweise ein “richtiges Coaching” bei mir zu machen- das ist allerdings dann nicht Teil des Gesprächs.

Das passt zu mir, und auch zu den Menschen mit denen ich gut arbeiten kann.

*Viele meiner Klient:innen sind hochsensibel, oder anders feinfühlig. Oder haben ein viel fühlendes, hochsensibles oder irgendwie anders besonderes Kind, und/oder haben manchmal den Eindrück als wäre ihr Gehirn irgendwie anders gestrickt. Kommen draußen in der Natur zur Ruhe, haben einen Hang dazu, sich viel in ihrem Kopf aufzuhalten, und sind kreativ- künstlerisch tätig (oder wären es gerne).

Zum Ende meiner letzten Waldgrünen Stunde wurde ich um einen Zauberspruch gebeten.

Ja, dachte ich mir: So will ich meine Zeit verbringen.

Sophie Davies
◦ Wahrscheinlich muss ich wieder rein, und einen Plan machen



wahrscheinlich muss ich wieder rein, und einen plan machen
ich will keinen plan machen ich will von hier nach da leben und
gucken was die anderen menschen so machen und hier einen kaffee trinken und
da ein bisschen schlendern, so wie das früher war und
mit den füßen im gras stehen ohne schuhe
und schlafen wenn
ich müde bin.




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lose gedanken zum jetzt - im urlaub

Sophie Davies
◦ Ihr könnt es ja einfach wieder versuchen

Ihr könnt es ja einfach wieder versuchen

Mir war kalt. Eigentlich seit Beginn der Schwangerschaft. Es gibt ein Foto von mir, wie ich in einem dicken gestrickten Pulli ein Magnum- Eis esse, so ein veganes mit Mandeln.

Ich erinnere mich, wie ich meinen Mann nachts bat, das Fenster im Schlafzimmer zu öffnen, wie ich etwas wusste, was ich noch nicht wusste.

Ich erinnere mich auch, morgens aufzuwachen, und kurz vergessen zu haben, dass etwas und was passiert war. Einen Moment Ruhe. Und mich dann zu erinnern, dass es kein Alptraum gewesen ist. Ich erinnere mich nicht, wann das aufhörte, also wann ich morgens wieder aufwachte, ohne mich ‘nicht’ zu erinnern.

Meine Frauenärztin, die den Ultraschallmonitor von mir wegdrehte.

Die Worte der Gynäkologin im Krankenhaus, als sie mir nachts die Aufklärung zum Unterschreiben überreichte (als wenn ich die jetzt lesen würde) - wenn Sie das so wollen… Nein, ich will das nicht. so. Hauptsache, Sie operieren mich nicht, brachte ich hervor, den Eimer mit dem Plastikbeutel in beiden Händen. Darauf bin ich immer noch stolz. Wie ich aus der Narkose aufwachte, und eine meiner Lieblingskolleginnen da war, und ich mich fühlte wie in Watte gepackt (auf eine gute Weise).

Die Kollegin, die 2 Tage nach ihrer Fehlgeburt schon wieder arbeiten war, oder war es am selben Tag? Ich weiß es nicht, ich konnte das nicht, ich konnte ein paar Wochen nicht arbeiten, und habe mich geschämt.

Ich hatte viel Besuch.

Wie ich meinem Mann eine Statistik präsentierte, wie viele Paare sich nach einer Fehlgeburt trennen, es war eine ganz schön hohe Zahl. Ich habe gedacht, ich kann das schon verstehen. Es gibt Risse.

Ihr könnt es ja einfach wieder versuchen, es klappt bestimmt bald wieder. Mir war gar nicht klar, dass ich einen Kinderwunsch hatte, also vor dieser Schwangerschaft, und vor der Fehlgeburt, und jetzt konnte ich an nichts anderes denken, und wusste irgendwie, dass das nicht so einfach werden würde. (was nicht bedeutete, dass ich nicht trotzdem immer wieder hoffte).

Wo kommen eigentlich diese ganzen Schwangeren her? (dieses Gefühl von Neid- Verwunderung- Traurigkeit ist immer noch manchmal da, und manchmal nicht, was ich interessiert beobachte)

Vor zwei Wochen noch, als ich bei einem beruflichen Treffen darüber sprach warum ich das hier mache, was ja auch mit dieser Geschichte zusammenhängt, sagte jemand*: “Aber das ist ja ganz häufig, beim ersten Kind. Dass das schief geht.” Schief? Das war nicht meine erste Fehlgeburt, murmelte ich, nur die späteste. Warum ist das wichtig? Ist es dann weniger schlimm?

*sie war Kinderwunschcoach- das könnte ich mir nicht ausdenken.

Was bedeutet eigentlich schlimm? Vielleicht hätte ich das alles nicht so schlimm finden müssen, es hätte schließlich schlimmer sein können, viel später, oder ich hätte das Kind schon in den Armen gehalten haben können, was ich nicht habe, und doch-

Ich weiß wirklich nicht, warum Schmerz und Trauer und Tod und Verlust so Nicht- Themen sind.

Warum sofort der Instinkt entsteht, wegzuwischen, zu trösten, zu mindern. Ich verüble es niemandem. Ich verstehe es sogar (meistens). Aber es braucht mehr Begegnungen, die das halten können. Mehr wahrhaftige Geschichten.

Das hier ist ein Text, der noch wächst, der sich verändert, und auch schon verändert hat, und immer näher dran kommt an das wie es war, oder wie ich mich daran erinnere, der mutiger wird. Er darf hier so stehen, wie er gerade ist, noch ungeschliffen und größtenteils uneditiert, und dann weiter wachsen. Denn: so kann sich vielleicht jemand beim Lesen schon mal weniger alleine fühlen (die Chance ist in jedem Fall höher, als wenn die Worte gar nicht sichtbar sind).

Sophie Davies