◦ Gegensätze

Gegensätze.

Winter kommt, und es ist gleichzeitig Sommer. Ich fühle mich offen, sanft, verbunden mit den Bäumen, und dem Regen. Ich will Kontrolle, Struktur und Präzision. Ein Medikament geben, etwas klappt, oder etwas klappt nicht, dann finde ich eine neue Lösung. My head is in the clouds. Ich will mehr Zeit mit meinem Kind verbringen. Mein Kind versucht in mich hinein zu kriechen, es ist mir zu viel, ich will meinen Körper für mich. Ich will Ordnung, ich will mit Wolken spielen.

Ich will Wissen, und Zweifeln gleichzeitig.

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Das Thema Gegensätze begegnet mir in den letzten Wochen häufig in meinen Gesprächen mit Klientinnen. Viele Dinge fühlen sich leichter an, wenn man widersprüchlich scheinende Empfindungen gleichzeitig halten kann. Was mir hilft sind die Worte “Ja, … und…”. Ein kleiner Shift, vom Aber was man ja meist im Kopf hat, zu einem Ja, Und. Also statt: Ich möchte ein Buch schreiben, aber niemand wird es kaufen, man wird mich auslachen, sagt man sich:

Ja, das ist wahr, ich habe Angst, ich bin unsicher, … wie auch immer - Und wenn hier ein kleines bisschen mehr (Leichtigkeit, Geräumigkeit, Ruhe) wäre, wie wäre das dann?

So entsteht ein neuer Raum, und die Möglichkeit für neue Perspektiven- und man versucht nicht irgendetwas wegzuschieben, was sich ja so oder so wieder zu Wort melden wird.

(Welches Aber hast du zuletzt bemerkt? Wie wäre es, wenn da ein Und stünde, und wenn da ein bisschen mehr Geräumigkeit wäre?)

Sophie Davies
◦ Etwas Neumachen

Etwas Neumachen

Mein Kind baut etwas, und macht es mit Freude kaputt, und baut es mit Freude neu. So mache ich das auch, außer mit weniger Freude beim kaputt machen, vielleicht sollte ich das mal üben. Das Neugebaute hat ja auch was vom Alten, und verloren ist am Ende nichts.

Ich habe an meinem Coaching- Konzept gewerkelt. Ich will, dass es greifbarer wird. Eine Schleife, die mich wieder zurück zum Anfang führt, und doch an einen neuen Ort, und auch tiefer nach Innen. Der Text darüber steht noch neben sich. 

Ich will nicht nur mitschwingen, sondern auch mitwirken. Ich löse gern Probleme und weiß, wie hilfreich ein Blick von außen manchmal sein kann. Also bei aller Liebe zur sanften Reflektion bringe ich auch einfach gerne Ordnung, ins Chaos.

Am Ende geht es, glaube ich, beim Neumachen immer auch um Abschiede. (siehe auch Halten und Loslassen, Staubpartikel)

 

aus John O´Donohue´s To Bless the Space Between Us

At any time you can ask yourself: At which threshold am I now standing? At this time in my life, what am I leaving? Where am I about to enter? What is preventing me from crossing my next threshold? What gift would enable me to do it? A threshold is not a simple boundary; it is a frontier that divides two different territories, rhythms and atmospheres. Indeed, it is a lovely testimony to the fullness and integrity of an experience or a stage of life that it intensifies toward the end into a real frontier that cannot be crossed without the heart being passionately engaged and woken up. At this threshold a great complexity of emotions comes alive: confusion, fear, excitement, sadness, hope. This is one of the reasons such vital crossing were always clothed in ritual. It is wise in your own life to be able to recognize and acknowledge the key thresholds; to take your time; to feel all the varieties of presence that accrue there; to listen inward with complete attention until you hear the inner voice calling you forward. The time has come to cross.

 

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Journaling prompt: which threshold are you standing at? what are you leaving, what are you about to enter? what is preventing you from crossing, and what gift would enable you to do it?

Sophie Davies
◦ Holunderblüten

Holunderblüten

Die Holunderblüten riechen
nach Freundschaft und nach einem
Sommer vor
vielen Jahren wo wir Blüten sammelten und
Kaffee tranken und
ziemlich viel Fahrrad gefahren sind.
(wie die Zeit vergeht)

Sophie Davies
◦ Pandemie

Pandemie

Ich rufe jemanden an
um zu erzählen wie das war
wie das gerade ist wie sich das
anfühlt wenn jemand erstickt wie die Worte
ich passe gut auf Sie auf während Sie schlafen
sich leer anhören
Zügiges Arbeiten klare Anweisungen wir sind
ein gutes Team
aber das ist nie genug, nicht mehr
Das Geräusch der Sauerstoffsättigung die
rapide fällt
Und ich greife
die ertrinkende Hand fest fest fest und sie
rutscht aus meinen Fingern
Jemand sagt sie will das nicht hören
sie muss jetzt
Zeitung lesen

Sophie Davies
◦ Innere und äußere Facetten

Innere und äußere Facetten

Ich versuche neue und alte Facetten, die ich an mir selbst bemerke zu beheimaten. Ich stehe im Garten mit meinem Kind und esse Erdbeeren und pflücke Johannisbeeren. Die Sonne scheint heiß in den Nacken. Mein Kind trägt nichts außer seinem neuen Fahrradhelm, in der Farbe dusty mint mit Warnblinklicht hinten. Ich pflücke die Beeren in Büscheln in eine silberne Schale, und mein Kind isst sie einzeln direkt vom Strauch. 

Ich lese im Dunklen Bücher, und wieder mehrere gleichzeitig, sie verteilen sich überall im Haus. Ich will wieder tanzen. Ich schreibe.

Mir fehlt die Klinik, die Intensität, das Handwerkliche. Ich mag den äußeren Stress, weil er im Innern Ruhe hervorruft. Eine Freundin ruft mich an, sie hat das dritte Wochenende in Folge Dienst, das fehlt mir nicht. 

Ich denke genauso viel über meine Klientinnen nach, wie früher über meine Patientinnen. Ich glaube nicht an Coaching (zumindest nicht als das als was es im Allgemeinen so verkauft wird). Das könnte ein Problem sein, oder vielleicht auch nicht.

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Journaling Prompt: Welche Facetten hast du zuletzt an dir beobachtet?

Sophie Davies